Eine Bachelorarbeit von Landwirt Severin Scheidegger


Eine ökologische und ökonomische Analyse sowie die Untersuchung des Potenzials von Humusaufbau bei den beiden Systemen
mit der daraus resultierenden Möglichkeit der Einkommensgenerierung durch den Handel von CO2-Zertifikaten für Landwirte
«Erst wenn wir die letzte Ackerkrume zerstört, das letzte Grundwasser verbraucht und die letzten Bienen ausgerottet haben, werden wir merken, dass unsere Computer, Smartphones und die ganze chromglitzernde Industrie 4.0 nicht essbar sind», schreibt Idel (Scheub und Schwarzer, 2022, S. 45, zitiert nach Idel o.J.). Aktuell verursacht die weltweite Bodendegradation Kosten von ca. 300 Milliarden Euro pro Jahr. Pro Kopf belaufen diese sich damit weltweit auf etwa 50 Euro (Scheub und Schwarzer, 2022, S. 45, zitiert nach von Braun o.J.).
«Bodenfruchtbarkeit und Bodengesundheit sind zwei grundlegende Voraussetzungen menschlicher Existenz auf unserer Erde. Beides auf Dauer zu gewährleisten, ist eine weltweite Aufgabe. Nur wenn die Voraussetzungen für ein optimales Pflanzenwachstum erhalten bleiben und wenn die Fruchtbarkeit der Böden in vielen Gebieten noch gesteigert wird, kann die in den kommenden Jahrzehnten weiterwachsende Weltbevölkerung ernährt werden» (Dr. Helmut Kohl, 1986, S. 7).
Die Landwirtschaft steht weltweit vor grossen Herausforderungen. Die steigende Weltbevölkerung soll ernährt werden, das Klima wandelt sich, Ressourcen werden knapp und der weltweite Wettbewerb nimmt zu (EPRS, 2016, S. 6). Landwirte sind damit gefordert, sowohl die ökologische Nachhaltigkeit als auch die ökonomische Rentabilität sicherzustellen.
Die stetig wachsende Nachfrage nach Nahrungsmitteln, Rohstoffen und biologischen Ressourcen hat in der Agrarindustrie zu einem verstärkten Fokus auf effiziente Anbaumethoden geführt. Aktuelle landwirtschaftliche Techniken und Agrokonzerne tragen zu einem wesentlichen Teil zu den weltweiten Treibhausgasemissionen (u. a. Lachgas, Methan und CO2) bei.
Neben weiteren Faktoren führen unbedeckte Böden und tiefes Pflügen zum Abbau organischer Substanz. Dies wiederum bewirkt, dass Kohlenstoff verflüchtigt und in Form von CO2 freigesetzt wird (SA Khan et al. 2007, S. 1821).
Für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit ist Kohlenstoff von zentraler Bedeutung. Durch Kohlenstoffspeicherung im Boden wird das Klima positiv beeinflusst. Zudem werden bessere und stabilere Ernten erzielt und es wird Hunger und Mangelernährung entgegengewirkt. Gleichzeitig würde ein Humusaufbau von vier Promille ausreichen, um sämtliche weiteren CO2-Emissionen zu kompensieren (Scheub und Schwarzer, 2022, S. 13).
In diesem Zusammenhang gewinnen alternative Anbaumethoden, wie das Dammsystem nach Turiel, welches in dieser Arbeit analysiert und dem konventionellen Pflugsystem gegenübergestellt wird, verstärkt an Bedeutung.
1.2 Zielsetzung und Eingrenzung der Arbeit
Wie bereits beschrieben, steht die landwirtschaftliche Praxis aktuell vor der Herausforderung, eine Balance zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und ökonomischer Rentabilität zu finden. In dieser Arbeit werden die Dammkultur nach Turiel und das klassische Pflugverfahren untersucht und gegenübergestellt. Das Ziel dabei ist es, aufzuzeigen, welche ökonomischen und ökologischen Vor- und Nachteile die beiden Anbaumethoden aufweisen und inwiefern eine Methode im Vergleich zur anderen in Bezug auf die ökonomische und die ökologische Komponente vorteilhafter ist.
Der Schwerpunkt der Arbeit liegt darin, die Möglichkeiten des Humusaufbaus im Dammsystem und im Pflugverfahren zu untersuchen und das jeweilige Potenzial für die Verbesserung der Bodenqualität und des Klimaschutzes zu evaluieren.
In diesem Zusammenhang soll auch dargestellt werden, in welchem Masse eine zusätzliche Einkommensgenerierung für Landwirte durch Humusaufbau und dem damit verbundenen CO2-Zertifikate-Handel durch die genannten Anbaumethoden möglich ist. Letztlich soll die vorliegende Ausarbeitung zur wissenschaftlichen Diskussion über alternative Praktiken für eine nachhaltige Landwirtschaft beitragen und Landwirten als Anstoss dienen, sich mit alternativen Anbauverfahren zu befassen. Die Arbeit kann dabei als Entscheidungshilfe bei der Wahl des Anbauverfahrens dienen. Eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Entscheidung scheint angesichts der beschriebenen Herausforderungen, vor denen die Weltbevölkerung und speziell die Landwirte bereits heute und vor allem in Zukunft stehen, von hoher Bedeutung zu sein.
Die folgende Forschungsfrage soll in dieser Arbeit beantwortet werden:
Inwiefern ist für Landwirte der Einsatz des Dammsystems im Ackerbau im Vergleich zum traditionellen Pflugverfahren hinsichtlich ökonomischer und ökologischer Aspekte zu empfehlen?
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wird das Thema überwiegend theoriegeleitet bearbeitet. Für Fragen und Themenbereiche, die durch die Auswertung von Literatur nicht ausreichend zu beantworten oder widersprüchlich sind, werden zusätzlich Experteninterviews durchgeführt. Auf diese Weise findet neben wissenschaftlichen Erkenntnissen auch die Erfahrung von Praktikern Raum, um die Forschungsfrage bestmöglich zu beantworten.
Forschungen, die sich speziell auf das Dammkultur-System nach Turiel beziehen, sind rar. Daher wird im Rahmen dieser Arbeit ein Interview mit Julian Turiel geführt, der dieses System von seinem Vater in Spanien nach Deutschland gebracht und weiterentwickelt hat. Ein zweites Experteninterview wird mit Herbert Ullrich und Christoph Uhl von ‹biofarm2U› durchgeführt. Sie bewirtschaften rund 250 Hektar Ackerland mit einem von ihnen selbst entwickelten Dammsystem, das dem nach Turiel sehr ähnlich ist.
Die ganze Arbeit als PDF kann hier heruntergeladen werden:
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